Kapitel 3
Inga öffnete die Tür und blieb auf der Schwelle stehen. Das Zimmer lag ruhig da. was war los? Sie machte Licht. Ihr Blick fiel als erstes auf das Bett, die Decken darauf lagen noch genauso da wie am Nachmittag. Dann suchten ihre Augen den Rest des Raumes ab, was eher gewohnheitsmäßig geschah, wusste sie doch schon, dass die beiden weg waren. Ganz weg, und zwar für immer. auch das war ihr klar. Sie wusste, dass dies irgendwann geschehen würde. Und schon lange hatte sie gefühlt, dass dieser Tag bald kommen würde. Sie schob die Tür zu und setzte sich an den Tisch. Auf dem Boden sah sie die Schnapsflasche. Er musste sich also Mut antrinken für diesen Schritt, dachte sie.
Inga setzte den Teekessel auf. Sie beschloss, dass sie sich ihrem wunderbaren Hochgefühl jetzt nicht entziehen würde. Im Theater lief es heute besonders gut. Der Applaus war überwältigend, es brachte sogar jemand Blumen in die Garderobe. Am Theater, ja, da sah man sie, da erkannte man sie. Eine gute Mutter war sie nicht. Aber genau das hätte sie doch sein müssen. Dann saß die Schauspielerin da und es flossen ein paar Tränen. Inga schämte sich, denn sie fand, dass sie etwas anderes fühlen sollte als das, was sie fühlte. Als sie dann vor ein paar Wochen den Intendanten eines der bedeutendsten Schauspielhauses an ihrem Theater traf und mit ihm plauderte, da erkannte sie, welche Möglichkeiten es für sie noch gäbe; ja, große Häuser, vielleicht der Film … Vielleicht sogar Hollywood? Ehrlich wollte sie nun zu sich selbst sein, vor allem ehrlich: Seit sie zurückgekommen war, seit sie das Zimmer leer vorgefunden hatte, wurde das Gefühl der Befreiung immer größer. Erleichterung machte sich breit. Arthur hatte erkannt, was los war, was mit ihr los war. Was sie einbringen konnte aber vor allem, was nicht. Dann hatte er entschieden, richtig entschieden hatte er. Der Bub würde es besser haben, wenn er mit seinem Vater allein wäre. Und, wer wusste das schon, vielleicht fand Arthur ja eine neue Frau? Hoffentlich eine Frau, die dem Jungen eine wirkliche Mutter sein konnte, nicht so eine wie sie. Sie schwebte doch nur neben den beiden her. Arthur wusste es immer, und irgendwann würde es der Bub auch erkennen. Es war besser so. Das waren ihre Gedanken, denen sie aber alsbald ein Ende bereitete, um in ihr neues Lebensgefühl vollständig einzutauchen. Sie trank ihren Tee und ging dann wie jeden Abend nicht zu spät ins Bett.